Samstag, 27. November 2010

Kumasi

Erstmal möchte ich euch allen nochmals für die vielen Beileidsbekundungen danken. Mir geht es wieder gut, auch wenn ich natürlich oft an Inno denken muss und sie vermisse.

Letztes Wochenende waren Anja, Petra, Debbie, Benjamin, Brendon und ich in Kumasi. Um 6 Uhr haben Anja, Petra und ich uns an der Tro- Tro Station getroffen. Die anderen haben sich erst später auf den Weg gemacht, da sie etwas länger schlafen wollen :-). Glücklicher Weise hat es nur 15 min gedauert und unser Tro- Tro war voll und es konnte los gehen. Die ca. 3,5 Stunden über haben wir die Landschaft bestaunt, gequatscht und versucht uns irgendwie auszuruhen, denn wir waren uns sicher, dass ein anstrengendes Wochenende vor uns liegen würde. Unter Wegs hatten wir eine Panne und mussten anhalten. Keine Ahnung was passiert ist, aber ich glaube es war ein Reifenproblem. Dieses konnte aber schnell behoben werden. Um 9.30 Uhr sind wir in Kumasi angekommen. Unser erster Weg führte dann zu unserem Guesthouse. Wir hatte 2 Tage vorher schon ein Zimmer für 3 Personen reserviert. Ich war schon einmal mit Lena dort, habe mich versucht an den Weg zu erinnern und habe die anderen 2 durch Kumasi geführt. Kumasi ist groß, laut, tausenden von Menschen und Autos. Zudem ist Samstags immer Zentralmarkt- der größte Markt in ganz Ghana. Ihr könnt euch nicht vorstellen, was da ab geht, aber dazu später mehr. Auf kleinen Umwegen habe ich dann doch das Guesthouse gefunden und wir haben einen Raum bekommen für 12 Cedis die Nacht (6 €). Der Raum war ausgestatten mit einem riesengroßen Bett, einem Sofa, einem Sessel, einem Tisch, einem Ganzkörperspiegel und einer Dusche für „Bucketshower“. Die Toilette war auf dem Gang und somit mussten wir sie mit allen anderen Teilen. Ihr könnt euch vorstellen, wie die aussah ;-)
Als wir dann wieder zur Rezeption gegangen sind standen dort 5 junge Frauen und wir haben uns von Anfang an gewundert, warum die denn so ganz anders aussehen und sich verhalten als die „übrigen ghanaischen Frauen“. Sie waren ziemlich kräftig geschminkt, hatten sehr kurze und körperbetonte Kleidung an, waren tätowiert, haben nach Alkohol gerochen und geraucht. Wir waren uns sicher, dass es Prostituierte waren und wir wohl in eine Art Bordell gelandet sind. Unglaublich oder? Dann kam auch noch der Boss vom Guesthouse und hat allen Geld in die Hand gedrückt.... Wir wundern uns hier ja über fast überhaupt nichts mehr und haben es mit Humor getragen :-)
Naja wir sind dann zu 3. los und unser erster Weg führte uns zum Markt. Wir wollten in erster Linie Stoffe kaufen, um uns daraus Kleidung nähen zu lassen.
In meinem Reiseführer heißt es "Wo Einkaufen ein Erlebnis ist: Kumasi Zentralmarkt.... Der Markt ist ein absoluter Superlativ. Für den Marktbesuch sollten Sie einen ganzen Vor- bzw. Nachmittag reservieren. Der Central Market ist groß, er ist laut, er ist vital, charmant, hässlich, er ist chaotisch, aber er funktioniert. Ohne Zweifel hat Kumasi den in seiner Größe beeindruckendsten Markt Afrikas, circa 10 ha groß, was etwa 14 großen Fußballferldern entspricht. (...) Man sagt, es gibt außer Flugzeugen und Schiffen fast nichts, was man dort nicht kaufen könnte! Von morgens um 6 bis abends um 6 strömt aus den umliegenden Dörfern und aus der Stadt selbst eine schier unendliche Menschenmenge auf den Markt..."
Ja, und wir mittendrin! Und das alles ist noch untertrieben. Ihr könnt euch wirklich nicht vorstellen, was da los ist. Es sind tausende von Menschen- tausende, die verkaufen und tausende, die kaufen. Es ist so voll und man wird zum Teil geschoben. Es ist wahnsinnig laut. Alle preisen ihre Ware an, alle rufen Ubruni komm und kauf....Dazu kommen noch die unterschiedlichsten Gerüche- schwer zu beschreiben wonach es so riecht, aber ich kann euch sagen, dass ich so was zum Teil vorher noch nie gerochen habe. Und man kann wirklich ALLES kaufen. Vom manchen vergeht einen schon etwas der Appetit: das Fleisch liegt natürlich ungekühlt in der Hitze und z.T. werden auch die Eingeweide verkauft..... Das wird dann wohl auch der Grund sein, warum das Fleisch vor der Verzehr für Stunden gekocht wird. Naja auf jeden Fall habe ich mir neuen Stoff für ein luftiges Sommerkleid gekauft und auch die anderen haben etwas gefunden.
Um 14 haben wir uns dann mit Brandon, Debbie und Benjamin im "Vic´s Bamboo" getroffen. Das ist ein ziemlich internationales Restaurant wo es sowohl ghanaisches, als auch europäisches, asiatisches Essen und Fastfood gibt. Als der Kellner kam haben um unsere Bestellung aufzunehmen hat zuerst Anja in der Karte auf das asiatische Gemüse gezeigt und er stellte dann zur Wahl, ob sie es mit Reis oder Nudeln servieren sollen. Anja hat sich für Reis entschieden und ich habe mich ihr komplett angeschlossen. Petra hat ebenfalls das asiatische Gemüse, aber mit Nudeln bestellt und die anderen haben sich zu dritt 2 Platten mit allem möglichen geteilt. Warum erzähl ich euch das so genau? Ersten weil es super war mal wieder was anderes zu essen und 2. weil es eine Überraschung im negativen Sinne gab, als wir die Rechnung bekommen haben. Da wurde auf den eigentlichen Preis von 8,50 Cedis doch tatsächlich bei Anja und mir für den Reis 2,50 Cedi pro Person extra berechnet und für die Nudeln von Petra nur 0,50 Cedi. Wir waren geschockt, denn davon stand nichts in der Karte und als wir unsere Bestellung aufgegeben haben fragte der Kellner auch noch, ob wir zu unserem asiatischen Gemüse Reis oder Nudeln haben wollen und wir sind natürlich davon ausgegangen, dass die dann im Preis inbegriffen sind. Auch von dem riesigen Preisunterschied zwischen Nudeln und Reis hat er nichts gesagt. Für 2,50 Cedis kann ich einen 5 kg Sack Reis kochen. Ich bin ja nicht geizig, aber wir wollten dann doch vom Kellner wissen, wie das denn sein kann. Wir haben dem Kellner die Situation erklärt, aber er wollte nicht mit sich Reden lassen. Er zeigte uns in der Karte eine Seite, wo der Reis und die Nudeln extra aufgeführt sind und damit war für ihn die Sache gegessen. Wir wollten dann die Geschäftsführerin sprechen. Sie kam auch. Eine Inderin. Wir haben ihr alles erklärt und natürlich auch gefragt, wie es denn sein kann, dass Reis 2,50 Cedi kostet und Nudeln nur 0,50 Cedi. Sie hatte keine plausible Antwort parat, aber am Ende mussten wir dann jeder „nur“ 1,50 Cedi für unseren Reis zahlen. Na immerhin....
Nach der „Auseinandersetzung“ sind wir dann zurück ins Guesthouse, denn die anderen 3 hatten noch nichts reserviert. Glücklicherweise konnte Debbie noch in unserem Zimmer schlafen und Brendon und Benjamin haben auch noch ein Doppelzimmer gekriegt. Somit haben wir ein Zimmer zu 4. geteilt und mussten jeder nur 3 Cedis zahlen- gerade mal 1,50€. Könnt ihr euch das vorstellen? Und für den Preis war die Unterkunft wirklich ok.
Anschließend sind wir zum Kulturzentrum gelaufen. Ich habe mal wieder, wie das ganze Wochenende über die Reiseleitung übernommen und alle sicher durch Kumasi geführt. Nach 30 min Fußmarsch sind wir am Kulturzentrum angekommen, aber natürlich hatte alles davor so viel Zeit gekostet, dass es schon geschlossen hatte. Na gut- immerhin konnte Brendon dort zur Toilette gehen :-)
Auf dem Rückweg zum Guesthouse war es schon fast stockdunkel, denn mittlerweile war es 18.30 Uhr.
Bevor wir nach Kumasi gefahren sind habe ich mit Johanna (ebenfalls Freiwillige von bezev und in Kumasi „stationiert“) ausgemacht, dass wir uns abends treffen wollen. Ich habe sie dann angerufen und glücklicherweise wollte sie, genau wie wir Livemusik hören. Ihre Idee war es, dass wir uns am Stadion treffen, denn dort wird jedes Wochenende Livemusik gespielt, getanzt....
Im Guesthouse haben wir uns etwas frisch gemacht und sind dann mal wieder gelaufen. Diesmal zur Taxistation. Von dort aus sind wir ca. 10 min bis zum Stadion gefahren. Direkt neben dem Stadion gab es einen abgetrennten Bereich mit Drehgitter, Aufsichtspersonal ect. wo auch schon die Liveband begonnen hat zu spielen. Wir haben einen der Plastiktische zugewiesen bekommen und uns erstmal hingesetzt. Dann haben wir was getrunken, Fleischspieße und gesalzenes Popkorn gegessen. Warum erwähne ich, dass das Popkorn gesalzen war? Ganz einfach: Wir haben erfahren, dass in Ghana zum Teil der Aberglaube herrscht, dass wenn mal gezuckertes Popkorn isst, es schlecht für die Erektion des Mannes ist. Das will natürlich niemand riskieren ;-)
10 min nach unserer Ankunft kam dann auch Johanna mit 2 ghanaischen Freunden. Wir haben uns alle unterhalten, Musik gehört und dann natürlich auch getanzt. Der Tanzstiel in Ghana ist wirklich einmalig. Die Männer suchen immer, immer Körperkontakt, natürlich auch zu uns. Zum Teil sieht es aus wie in einem Pornofilm, wenn ghanaische Frauen und Männer miteinander tanzen. Man könnte denken, dass sie gleich auf der Tanzfläche Sex haben, sie mit Sicherheit ein Pärchen sind, aber sobald sie runter von der Tanzfläche gehen ist alles vergessen und sie verhalten sich ganz normal. Auch als wir die Tanzfläche betreten haben kamen natürlich schon die ersten Männer und haben uns eben auch verführerisch angetanzt ;-) Anja und ich haben dann immer freundlich erklärt, dass wir das nicht so gerne haben und meistens konnten wir dann auch mehr oder weniger alleine tanzen. Es war super nach langer Zeit mal wieder auszugehen und das Leben auf einer anderen Art und Weise zu genießen.
Am nächsten Morgen haben wir uns nach sehr wenig schlaf schon um 8 Uhr aufgemacht. Unser erster Weg führte uns erstmal zu einem Stand, wo wir Friedegg (Brot mit Omelett) für 0,50 € gegessen haben. Danach sind wir zur Taxistation gegangen und sind mit dem Taxi zu dem öffentlichen Schwimmbad der kwame nkrumah university of sience and technology gefahren. Wir waren um 10 Uhr da und lustiger Weise waren wir erstmal die einzigen Badegäste und hatten einen wirklich großes Schwimmbecken für uns alleine. Das haben wir natürlich sofort ausgenutzt. Das Wasser hatte eine angenehme Temperatur und tat richtig gut zu schwimmen. Das Schwimmbad hatte auch einen Sprungturm mir 1,3,5,7 und 10m Plattform. Benjamin hat den Anfang gemacht und ist erstmal vom 3er und dann vom 5er gesprungen. So verrückt wie ich bin habe ich mich sofort seinem 7m Sprung angeschlossen. Wir sind hoch auf die Plattform und als ich dann herunter geguckt habe wurde mir schon etwas mulmig, denn schließlich sollte es das erste mal werden, dass ich von so einer Höhe in Wasser springe. Benjamin meinte: Ach Ina so verrückt wie du bist, wird das jawohl kein Problem für dich sein ;-) Na gut.... Benjamin hat den Anfang gemacht und dann war es an der Zeit für mich zu springen. Ich habe etwas Anlauf genommen, um ja nicht in Versuchung zu kommen stehen zu bleiben und dann bin ich tatsächlich gesprungen. Es war ein irres Gefühl in der Magengegend,. Ich habe das ganze Schwimmbad zusammen geschrien und dann bin ich auch schon im Wasser gelandet.
Ihr könnt euch vorstellen, was dann kommen musste! Klar ich habe auch noch mit Benjamin den 10m Turm bestiegen. Ich bin schon etwas verrückt- in Deutschland habe ich Angst und denke es ist zu gefährlich, ich könnte sterben ;-) aber in Ghana ist das alles vergessen! Wir stehen also da oben und diesmal hat es mehr Zeit gekostet, bis wir uns überwinden konnten. Schließlich hat Benjamin den Anfang gemacht und ich habe mich auch nicht lumpen lassen und bin kreischend gesprungen. Sehr lustig und Spaß hat es auch noch gemacht. Nach dieser Aufregung habe ich mich erstmal ne Stunde auf den Liegestuhl gelegt und irgendwann kam auch die Sonne raus. In der Zwischenzeit sind auch andere Weiße und sogar Ghanaen gekommen. Zu unserem Glück war die Musikanlage nicht kaputt und wir wurden lautstark mit wunderbarer Musik beschallt ;-). Um 13 Uhr haben wir uns auf den Rückweg zur Tro- Tro Station gemacht. Leider mussten wir über 1,5 Stunden warten, bis es endlich voll war und wir unseren Rückweg nach Nkoranza antreten konnte. Die Wartezeit haben wir alle genutzt, um uns Mittagessen zu kaufen. Anja und ich haben uns Papaya und Wassermelone geteilt. Es ist wirklich ein Gedicht wie frisch und lecker hier das Obst ist!
Um 18 Uhr war ich todmüde zuhause, habe noch Fufu gegessen und bin dann in meinen Raum gegangen. Die ganze Zeit hatte ich schon das mulmige Gefühl, dass ich mir evt. meinen Bauch verbrannt haben könnte. Und was kann ich euch sagen: Ja ich hatte mitten im November meinen ersten Sonnenbrand in Ghana. Aber keine Sorge ich habe die Familienflasche Apres Sun draufgekippt und am nächsten Morgen war es schon besser.
Ein sehr gelungenes, aber auch anstrengendes Wochenende ging zu Ende.

2 Kommentare:

  1. das kann ich mir lebhaft vorstellen...du führst die Gruppe zielsicher durch Kumasi;-). Die 'kleinen Umwege' waren doch eingeplant, oder?...ach ich hab mich auch immer gern mit dir verlaufen;-)
    ...ich lese soo gerne deine Erlebnisse und ich freue mich, dass du immer noch so 'verrückt' bist!!!

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  2. Hi Jude,
    vielen Dank für deinen Kommentar. Musste auch oft an dich denken. Du würdest dich ja nie verlaufen bei deinen super Geographiekenntnissen ;-)

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