Samstag, 4. Dezember 2010

Typisch Ghana?

Unser Weihnachtschor fällt heute leider aus, aber dafür kann ich die Zeit nutzen um einen neuen Blogeintrag zu schreiben.

Die Regenzeit ist vorbei und wir befinden uns in der Trockenzeit. Es hat schon ewig nicht mehr geregnet und von Tag zu Tag wird es gefühlt wärmer. Ich schätze mal, dass wir so 30 Grad im Schatten haben?!? Die Luft ist wirklich staubtrocken und wenn ich Staub schreibe, dann meine ich auch Staub! Roter Staub soweit das Auge reicht. Wenn ich abends duschen gehe, dann denke ich- ach Ina heute bist du aber schön braun geworden!! Doch die Ernüchterung folgt auf dem Fuße- es war nur der Staub :-) Aber zum Glück gehe ich dann raus, laufe zu meiner Gastfamilie und bin wieder braun eingepudert ;-)
Die Blätter fallen zum Teil von den Bäumen und die Wiesen beginnen ebenfalls zu trocken.

Ansonsten neigt sich mein Gastfamilienaufenthalt dem Ende zu. Am 17.12.10 ziehe ich zurück nach PCC. Dann habe ich 4 Monate in der Gastfamilie gelebt. Ich genieße die Zeit, aber Weihnachten möchte ich doch sehr gerne in PCC verbringen und feiern.
Ich habe jetzt nicht vor, alle Ghanaen über einen Kamm zu scheren, aber ich will euch trotzdem etwas über sie berichten. Mein Haus ist wirklich sehr freizügig. Ich dachte ja immer, dass meine Familie in Deutschland schon freizügig ist, aber hier.... Direkt an meinem ersten Tag habe ich die Brüste von meiner Gastmutter gesehen, an dem darauffolgenden Tag die von meiner Gastschwester usw. Morgens und Abends wickeln sich die Frauen in meine Haus immer nur ein Tuch um ihren Körper und wenn es sich halt löst und runter rutscht, dann rutscht es halt. In Deutschland würde doch jeder es sofort wieder hochziehen, aber hier bleibt es dann halt dort wo es hingerutscht ist. Auch am Tag sind sie zum Teil wenig bekleidet. Oft tragen sie in ihrer Freizeit keinen BH und wenn sie sich dann bücken, dann kann es vorkommen, dass die Brüste aus dem Ausschnitt „rutschen“. Ohne sich zu schämen oder sich zu beeilen werden sie einfach wieder zurück „gestopft“.
Somit ist das Stillen auch sehr einfach, denn man muss nicht erst den BH öffnen.... Stillen kann mal sowieso immer und überall. Als ich am Wochenende mit meinem Gastbruder in der Fleischhalle war hat eine Frau ihr Kind gestillt und dabei in aller Ruhe ihr Fleisch ausgesucht.

Auch das Wort Privatsphäre ist manchen Ghanaen nicht ganz so geläufig. Sie schauen sich einfach alles in meinem Zimmer an. Öffnen mein Tagebuch (na gut nicht so schlimm, denn sie verstehen den Inhalt ja nicht), mein Taschenmesser, meine Bücher, mein Notizbuch, mein Schmuckkästchen, mein MP3 Player, meine Post, meine Fotos, legen sich in mein Bett.....und natürlich alles ohne vorher zu fragen. Sie nehmen sich auch mein Handy- schauen sich meine Fotos an, hören die Musik... Das war am Anfang sehr befremdlich für mich, aber für sie ist es normal und sie meinen es überhaupt nicht böse!

Für mich sind die Ghanaen sehr reinlich. Sie gehen morgens und abends duschen und schruppen sich wirklich mit einem Schwamm den Staub und Dreck vom Körper.
Auch achten sie auf ihre Kleidung. Sobald man sich außerhalb des Hauses bewegt kleidet man sich immer angemessen und wenn mal zur Kirche, Hochzeit, Beerdigung geht oder von einer in die andere Stadt reist, dann bräzelt man sich richtig auf. Es ist schon immer ein lustiges Bild, wenn wir „Weißen“ mit den Ghanaen im Tro- Tro sitzen: Sie sind herausgeputzt und wir haben möglicht bequeme Kleidung für die Reise an :-)

In der Gastfamilie habe ich, als auch Anja das Gefühl, dass wir gemästet werden. Und tatsächlich sagen sie auch immer: You have to grow, you have to grow. Vor jeder Mahlzeit bekommen wir zu hören, dass wir alles essen sollen und die Portionen sind sooooooo riesig. Außerdem bestehen die Mahlzeiten nur aus Kohlenhydraten und Fetten. Sie lieben es Öl zu benutzen. Sie sehen es als Beleidigung an, wenn man nicht alles aufisst. Sie denken dann gleich, dass es einem nicht geschmeckt hat. Somit esse ich immer alles und fühle mich danach so kugelrund und kann mich kaum noch bewegen. Deswegen habe ich jetzt doch zugenommen und werde zurück in PCC mich erstmal nur von Früchten und Gemüse ernähren.

Auch wenn Englisch hier Amtssprache ist, sprechen die Ghanaen unter sich doch immer ihre „Stammessprache“. Diese ist wie ihr ja wisst hier in meiner Region Twi. Leider nehmen sie in der Gruppe auch keine Rücksicht auf uns und sprechen die meiste Zeit Twi. In meinem Haus können manche nur gebrochen Englisch sprechen und ich denke, dass sie sich zum Teil schämen Englisch zu sprechen. In der ersten Zeit habe ich mich schon darüber geärgert, aber jetzt habe ich es akzeptiert und mir geht es besser damit. Zum Trost kann ich euch aber schreiben, dass sie immer mit mir Englisch sprechen, wenn ich alleine mit ihnen bin :-)

Ansonsten ist das Leben in Ghana wirklich laut. Ab morgens um 5 Uhr (auch am Wochenende) wird man mit Musik beschallt, sie beginnen den Hof zu kehren, zu waschen und das „Badezimmer“ zu schrubben... Sie unterhalten sich auch in einer Lautstärke, die wir nicht gewohnt sind. Zudem kann man immer und überall telefonieren und findet es überhaupt nicht als unhöflich. Auf der Arbeit privat telefonieren oder SMS schreiben ist überhaupt kein Ding! Das finde ich natürlich wunderbar und passe mich da auch gerne der Kultur an :-)

Da fällt mir noch was ein. Alle Frauen tragen Hipstrings (Bauchketten) dauerhaft oder täglich unter ihrer Kleindung.

In PCC produzieren wir auch Fußkettchen, die aber nur die Weißen kaufen. Das hat auch einen Grund: In Ghana tragen nur Prostituierte Fußkettchen.

Namensgebung: In Ghana weiß man sofort, an welchem Tag jemand geboren wurde, sobald der erste Name bekannt wird. Die Namen werden automatisch vergeben- je nachdem an welchem Tag man geboren worden ist. In Deutschland würden z.B. alle vom Montag Simon, vom Mittwoch Martin usw. heißen. Hie und da gibt es kleine Abwandlungen in den Namen, aber es gibt nur sieben Stammnamen:

Alle Männer vom Montag heißen: Kojo und die Frauen Adjoa
vom Dienstag: Kwabena und Abenaa
vom Mittwich: Kwaku und Akua
vom Donnerstag: Yaw und Yaa
vom Freitag: Kofi und Afia
vom Samstag: Kwame und Ama
vom Sonntag: Kwesi und Akosua

Ich bin Freitags geboren und heiße Afia- Ina. Zum Teil werde ich von manchen auch nur Afia gerufen.
Um Wiederholungen in der Namensgebung in einer Familie zu vermeiden, gibt es noch die Variante, die Kinder nach den Umständen der Geburt zu benennen: z.B. Zwilling= Atta, folgt dem Zwilling= Tawia, wenn das vorherige Kind starb= Ababio, wenn man ohne Haare auf die Welt gekommen ist: Sakolla.....

Letzte Woche war ganz PCC bei den Wasserfällen von Kintampo. In den vorherigen Wochen hatten Anja und ich überlegt, was wir den Kindern und Caregivern zu Weihnachten zukommen lassen möchten. Wir hatten dann die Idee, einen Ausflug zu machen. Wir haben die Preise eingeholt und mussten natürlich feststellen, dass es für uns zu teuer ist. Somit haben wir auch die anderen 5 Freiwilligen gefragt, ob sie Interesse hätten sich an dem Geschenk zu beteiligen und die Kosten aufzuteilen. Sie waren auch begeistert und somit haben wir letzte Woche den tollen Ausflug gemacht. In meinem Blog habe ich ja schon mal ausführlich darüber berichtet, deshalb folgen jetzt nur noch ein paar Bilder:
1. Kwaku

2. Lisa (mein Fütterkind)
3. Hannah und Vida (beides meine direkten Kolleginnen in der „Perlenhalle“)



4. Ahmed

Ich denke oft an euch und wünsche euch eine wunderbare Adventszeit. Passt auf euch auf!

1 Kommentar:

  1. Toll, was von den Ghanaen zu erfahren. Ich freu mich riesig für dich, dass es dir gut geht und du mit allen kleinen und großen Problemen zurechtzukommen scheinst. Einen schönen Advent auch dir und pass vor allem du weiter gut auf dich auf!
    Liebe Grüße, Flo

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